Donnerstag, 30. Januar 2020

Die verschenkte Tochter von Tinga Horny


Seitenzahl: 187
Verlag: Bastei Lübbe
Kindle eBook erschienen am 15. Mai 2015

Kurzbeschreibung: Dass Tinga Horny mit ihren schwarzen Haaren und den Mandelaugen nicht das leibliche Kind ihrer Eltern ist, sahen Außenstehende sofort. Nur sie selbst begreift das erst, als sie zufällig auf ihre Adoptionsunterlagen stößt. Da ist sie elf Jahre alt, und es gelingt ihr nicht, in ihrer Familie das Tabu ihrer wahren Herkunft zu durchbrechen. Erst als ihr Vater stirbt, wird Tinga klar, dass sie handeln muss, wenn sie ihre leiblichen Eltern noch kennenlernen will. Sie begibt sich auf die Suche und taucht tief ein in eine fremde Kultur, in der Mädchen nichts wert sind und die Familienehre wichtiger ist als das eigene Kind.

Meine Meinung: Vor dem Lesen konnte ich nicht umhin, mir Gedanken über den gewählten Titel zu machen. Konnte es wirklich sein, dass Tinga im wahrsten Sinne des Wortes verschenkt wurde? Der Gedanke ist bei mir mit Ablehnung verbunden. Kinder verschenkt man nicht so einfach. Aber natürlich wurde der Titel passend gewählt. Erst recht wenn ich an die letzten gelesenen Seiten denke. Menschen aus anderen Kulturen können durchaus aus Lust und Laune ihr eigenes Fleisch und Blut verschenken. 

Unterteilt wird das Buch in den ersten Teil, wo es zunächst darum ging Tingas Leben bei ihren Adoptiveltern zu beschreiben. Einen großen Teil nimmt da ihre Kindheit ein, mit all ihren Schwierigkeiten. Denn um die 1960 war es nicht normal als adoptierte Chinesin unter Deutschen aufzuwachsen. Und das ließen Tinga die Menschen in ihrer Umgebung deutlich spüren. Natürlich blieben ihr unangenehme Fragen nicht erspart. Vor allem in der Schule wurde Mobbing zu ihrem Alltag. Heutzutage kann ich mir das fast nicht vorstellen allein wegen der Herkunft solchen Blicken ausgesetzt zu werden. In der heuitigen Gesellschaft ist das Zusammenleben mit den verschiedensten Kulturen gar nicht mehr wegzudenken. Wie sehr sich innerhalb der vergangenen Jahre die deutsche Gesellschaft doch gewandelt hat. Und das meiner Meinung nach zum Positiven.

Obwohl ich all diese Erlebnisse von Tinga als wichtig erachte und sie selbstverständlich eingebracht werden mussten, wurde es mir nach einer Zeit doch etwas zu viel. In der ersten Hälfte wurde zu oft erwähnt, dass sie häufig gefragt wurde, wie sie denn so gut Deutsch spräche. Zum Glück ging es dann ab der Mitte eher um die eigentliche Suche nach ihren leiblichen Eltern. Dennoch hätte man das etwas weniger erwähnen können.

Die zweite Hälfte gestaltete sich für mich um einiges interessanter. Die Recherchen wurde ohne um den heißen Brei zu reden hintereinander weg geschildert. Ich habe durch Tingas Erfahrungen viel neues lernen dürfen. Zunächst wäre da die Ansicht der Chinesen auf das Geschlecht ihrer Nachkommen und das insbesondere auf Mädchen. Mir war bisher gar nicht bewusst wie wertlos Mädchen für die Chinesen sind. Ich war ziemlich erstaunt, dass ich noch nie über die Geschlechterungleichheit bei ihnen gehört hatte. Zu mir kam das bisher einfach nicht durch. Und ja in Tingas Fall war es auch ihr Geschlecht der ihre leibliche Eltern ohne zu zögern handeln lies. Die Einzelheiten waren wirklich interessant zu lesen. Wieder kann ich nur sagen, bei wahren Geschichten steht es Lesern einfach nicht zu zu urteilen. Verstehen kann ich zwar weswegen Tinga das Bedürfnis hatte die Suche nach ihren biologischen Eltern aufzunehmen, jedoch war mir so einiges von vornherein klar. 

Was konnte man schon von Menschen erwarten, die ein Kind bereit sind zu verschenken? Für mich war klar, egal was dabei rauskommt, ihre Beweggründe werden mich nicht zufriedenstellen. Bestätigt wurde ich letztendlich auch. So ist es für mich eindeutig, dass Blut noch lange nicht ausreicht zu binden. 

Neben Tingas Erlebnissen, ihrer Suche und dem Ausgang nehme ich noch etwas ganz anderes mit aus diesem Buch. Erwähnt wurde eine jüdische Dame. Ihre Antwort auf Tingas Frage, weswegen sie nach all dem was den Juden angetan wurde zurückgekehrt ist, hat mich tief berührt. Das werde ich sicherlich lange nicht vergessen. Die Nazizeit ist nach wie vor unheimlich interessant für mich. Die Selbstverständlichkeit in der Antwort der Frau hat mich somit ziemlich überzeugt. 

Wahre Geschichten und Erfahrungen lese ich ab und zu echt gerne. Dabei fällt es mir immer noch recht schwer eine Bewertung abzugeben. Mir erscheint es immer wieder nicht richtig, aber da kann man nichts machen. Der erste Teil war mit den Wiederholungen etwas schwer für mich. Die zweite Hälfte war aber umso interessanter. Meine Bewertung ist somit der Durchschnitt. Wie bisher bei jedem gelesenen Buch kann ich auch dieses nur wärmstens empfehlen. Dabei ist der Schreibstil in diesem Genre eher unwichtig. Zumindest stehen andere Faktoren im Vordergrund. Einblicke in Erlebnisse von mir fremden Menschen kann ich mir nicht entgehen lassen. 

Meine Bewertung: 4 von 5 Sternen 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen